Testament anfechten
Was wollte der Erblasser wirklich?
Der Letzte Wille eines Verstorbenen, sein Testament, ist den Hinterbliebenen im Idealfall bereits vor dem Todesfall bekannt und bleibt, ebenfalls im Idealfall, nach seiner Eröffnung unangefochten. Das Testament wird dann von allen Beteiligten akzeptiert und so vollzogen, wie es der Verstorbene vorgesehen und dokumentiert hat.
In der Praxis besteht allerdings nicht selten Uneinigkeit darüber, was denn der tatsächliche Letzte Wille des Verstorbenen im Einzelnen ist. Bestehen berechtigte Zweifel daran, dass tatsächlich genau das vollstreckt wird, was der Verstorbene wollte, kann ein Testament angefochten werden.
Wichtige Fragen:
Ein großer Unterschied: Testament oder Erbvertrag?
Bevor man sich mit einer möglichen Anfechtung beschäftigt, muss berücksichtigt werden, ob es sich bei der Verfügung von Todes wegen um ein Testament oder um einen Erbvertrag handelt.
Ein Testament, auch letztwillige Verfügung genannt, ist eine Willenserklärung des Erblassers über sein Vermögen, die nach dem Tod wirksam wird. Ein Testament ist jederzeit widerrufbar oder änderbar, ohne dass die darin Bedachten dies verhindern können. Dafür hat der Erblasser selbst kein Anfechtungsrecht im Hinblick auf seine eigenen Verfügungen, da er diese ja jederzeit ändern oder widerrufen kann.
Demgegenüber stellt der Erbvertrag einen echten Vertrag zwischen Erblasser und Erbberechtigtem dar. Dies bedeutet, dass der Erblasser an seine eigenen Verfügungen gebunden ist und dass der Erbberechtigte deshalb gesicherte Ansprüche hat. Der Erblasser hat in diesem Fall aber sehr wohl ein Anfechtungsrecht, denn er allein kann die einmal getroffenen Vereinbarungen weder ändern noch widerrufen.
Beiden Verfügungen ist gemeinsam, dass sie in aller Regel mit ihren Bestimmungen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Diese tritt deshalb nur dann in Kraft, wenn weder ein Testament noch ein Erbvertrag vorliegt.
Wer darf ein Testament anfechten?
Nicht alle haben die gleichen Rechte
Anfechten darf der, der einen Vorteil aus der Anfechtung hat. Das sind entweder die Erben selbst (gesetzliche Erben, Ersatzerben oder Vorerben), die durch die im Testament festgelegten Verfügungen den letzten Willen des Verstorbenen nicht wiedergegeben sehen, oder aber im Testament nicht berücksichtigte Personen, die einen Anspruch geltend machen, der im Testament übergangen wurde. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Anordnungen oder Auflagen, die an eine Erbschaft gekoppelt sind, anzufechten oder gegen die Vollstreckung eines Testamentes vorzugehen.
Welche Gründe für eine Anfechtung gibt es?
Freier Wille, Irrtum oder Unwissen
Die Anfechtung eines Testaments hat das Ziel, den Letzten Willen des Verstorbenen durchsetzen. Dies geschieht dann, wenn die Vermutung besteht, dass das Testament eben nicht den tatsächlichen Willen des Erblassers widerspiegelt. Die Gründe dafür sind vielfältig. So kann dem Erblasser ein Irrtum unterlaufen sein, beispielsweise ein einfacher Schreibfehler. Häufiger sind hier aber fehlende Sachkenntnis im Erbrecht, eine falsche Entscheidung oder eine Fehleinschätzung seitens des Erblassers gemeint. Zu Irrtümern kommt es nicht selten, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments bestimmte Dinge nicht gewusst oder gewisse Umstände nicht gekannt hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Dinge oder Umstände in der Vergangenheit liegen, gegenwärtig oder zukünftig sind.
Eine weitere Möglichkeit für einen Irrtum besteht, wenn der Erblasser absichtlich, also arglistig, über einen bestimmten Sachverhalt getäuscht wurde und deshalb anders entschieden hat, als er ohne Irrtum oder Täuschung entschieden haben würde.
Einen Sonderfall eines Irrtums stellt ein nicht berücksichtigter Pflichtteilsberechtigter dar – ein Kind etwa, von dem der Verstorbene nichts wusste, oder ein neuer Ehe- oder Lebenspartner, der beim Tode des Erblassers (noch) nicht im Testament bedacht ist. In diesen Fällen ist ein Anfechtungsgrund dann gegeben, wenn davon auszugehen ist, dass der Erblasser anders verfügt hätte, wenn ihm der Irrtum bewusst gewesen wäre.
Anfechtbar ist ein Testament auch dann, wenn es nicht den freien Willen des Verstorbenen wiedergibt. Das ist der Fall, wenn es unter irgendeiner Form von Zwang oder im Zusammenhang mit einer Drohung entstanden ist. Hier kommt auch der Begriff der Erbunwürdigkeit zum Tragen, der den vom Erbe ausschließt, der gewaltsam gegen den Erblasser vorgegangen ist und dadurch Einfluss auf dessen letztwillige Verfügung genommen hat. Die Feststellung der Erbunwürdigkeit kann von jedem beantragt werden, der von der Erbunwürdigkeit eines Erben profitieren würde.
Richtig vorgehen: Wie kann man ein Testament anfechten?
Bevor man sich für eine Anfechtung entscheidet, empfiehlt es sich, zu prüfen, ob der tatsächliche Wille des Verstorbenen auch durch eine Testamentsauslegung durchgesetzt werden kann, sodass eine Anfechtung überflüssig wird. Eine Auslegung ist dann sinnvoll, wenn das Testament nicht durchgehend eindeutig und zweifelsfrei formuliert ist oder wenn zwischen der Errichtung des Testaments und dem Todesfall so viel Zeit vergangen ist, dass sich bestimmte Umstände in der Zwischenzeit verändert haben.
Genügt die Auslegung nicht, muss das Testament angefochten werden. Dazu ist gegenüber dem Nachlassgericht unter Wahrung der Anfechtungsfrist ein zulässiger Grund für die Anfechtung anzugeben. Eine solche Erklärung kann entweder schriftlich eingereicht oder aber bei dem zuständigen Gericht zu Protokoll gegeben werden. Die Frist für eine Anfechtung beträgt ein Jahr und beginnt in dem Moment, in dem der Berechtigte den Anfechtungsgrund kennt.
Dieser Zeitpunkt ist allerdings nicht automatisch mit der Testamentseröffnung identisch, denn nicht selten erkennt oder versteht man Zusammenhänge erst nach einer gewissen Zeit, besonders dann, wenn es um komplexe Sachverhalte oder arglistige Täuschung geht. Bis zu 30 Jahre nach dem Todesfall kann ein Testament noch angefochten werden, dann tritt die Verjährung ein und eine Anfechtung ist unabhängig von etwaigen neuen Erkenntnissen nicht mehr möglich.
Rückwirkend nichtig, Was ist das Ergebnis einer Testamentsanfechtung?
Ist die Anfechtung erfolgreich, wird die angefochtene Verfügung rückwirkend für nichtig erklärt. Die Nichtigkeit kann nur einzelne Verfügungen des Testaments oder aber das gesamte Testament betreffen. Betrifft die Nichtigkeit nur einzelne Verfügungen, ist zu prüfen, ob die für nichtig erklärten Passagen bei der Errichtung des Testaments einen Einfluss auf die übrigen Verfügungen hatten.
Ist dies der Fall, kann unter Umständen das gesamte Testament für nichtig erklärt werden. Ansonsten bleiben die nicht von der Anfechtung betroffenen Verfügungen wirksam. An die Stelle der unwirksamen Verfügungen tritt dann in aller Regel die gesetzliche Erbfolge.
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