Erben eines behinderten Kfz-Halters dürfen rückwirkende Kfz-Steuerbefreiung beantragen
Finanzgericht Baden-Württemberg: Das Antragsrecht für eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für eine behinderte Person geht nach deren Tod auf den Rechtsnachfolger über. Denn es ist kein höchstpersönliches Recht und hängt nicht von nicht beeinfluss-baren Zufälligkeiten wie dem Tod ab. Das entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg in einem Urteil vom 18.10.2019 (Az.: 13 K 1012/18). Die vom beklag-ten Hauptzollangig, wie das FG am 17.02.2020 mitteilte.
Landratsamt lehnt rückwirkende Steuerbefreiung ab
Die Kläger sind Miterben des am 18.07.2017 verstorbenen Erblassers. Dieser war Halter eines Fahrzeugs bis zu dessen Abmeldung am 07.05.2017. Infolge der Abmeldung ermäßigte der Beklagte am 18.05.2017 die festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer. Das Landratsamt stellte mit Bescheid vom 22.06.2017 für den Erblasser einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, B, H, aG und RF seit dem 24.02.2017 fest. Im Januar 2018 beantragten die Kläger, das streitgegenständliche, nicht zweckentfremdet verwendete Fahrzeug nach § 3a Abs. 1 KraftStG rückwirkend ab dem 24.02.2017 von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien. Dies lehnte der Beklagte ab.
„Denn nach dem Tod des Fahrzeughalters könne der Zweck der Steuerbefreiung, die Förderung der Mobilität behinderter Menschen, nicht mehr erreicht werden, so die Begründung.“
Das Finanzgericht ändert den Kfz-Steuerbescheid zugunsten der Kläger
Die Kläger hatten mit ihrer Klage Erfolg. Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, der Kraftfahrzeugsteuerbescheid sei nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO zu ändern. Denn § 3a Abs. 1 KraftStG befreie das Halten von Kraftfahrzeugen „solange die Fahrzeuge für schwerbehinderte Personen zugelassen sind“, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllen. Stichtag für die Kraftfahrzeugsteuerermäßigung sei grundsätzlich das Ausstellungsdatum des Schwerbehindertenausweises, sofern nicht im Ausweis – wie im Streitfall – ein früheres Datum für den Eintritt der Behinderung festgestellt werde.
Erben des Halters zu Antragstellung befugt
Grundsätzlich werde die Steuerbefreiung ab dem Tag der Antragstellung gewährt, da ein schriftlicher Antrag erforderlich sei, heißt es im Urteil weiter. Abweichend hiervon sei nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 171 Abs. 10 AO der im Schwerbehindertenausweis genannte Tag der Feststellung der Behinderung für die Steuerbefreiung maßgebend. Die Erben des Halters seien als Gesamtrechtsnachfolger zur Antragstellung befugt. Forderungen aus dem Steuerschuldverhältnis gingen nach § 45 Abs. 1 S. 1 AO auf diese über. Das Antragsrecht sei kein höchstpersönliches Recht. Es hänge nicht von nicht beeinflussbaren Zufälligkeiten wie dem Tod ab, so das FG abschließend.
Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesfinanzhof der Auffassung des Finanzgerichtes Baden-Württemberg anschließt.