Betriebsbedingte Kündigungen trotz Kurzarbeit während Corona?
Das Arbeitsgericht München hatte in einem von der Anwaltskanzlei Riedel erstrittenen Urteil vom 26.01.2021 die Frage zu klären, ob ein Arbeitgeber berechtigt ist, trotz Anordnung von Kurzarbeit „null“, eine betriebsbedingte Kündigung mit dem Argument auszusprechen, der pandemiebedingte Auftragseinbruch habe zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses des Arbeitnehmers geführt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil stattgegeben und in seiner Begründung unter anderem darauf hingewiesen, dass Kurzarbeit dafür spreche, dass auch der Arbeitgeber selbst nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehe. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel könne eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen.
Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz könne der Arbeitgeber zwar durch konkreten Sachvortrag entkräften. In einer Kurzarbeitsperiode sei eine betriebsbedingte Kündigung aber nur möglich, wenn zusätzliche inner- oder außerbetriebliche Ereignisse zu einer Änderung der Sachlage führen würden, etwa, weil durch Umstrukturierungen oder Rationalisierungsmaßnahmen die betroffenen Arbeitsplätze endgültig wegfallen. Sei Kurzarbeit wirksam angeordnet, sei die vorübergehend verkürzte Arbeitszeit bei der Berechnung des Arbeitsvolumens über die Vertrags- oder Betriebsfaktoren bei der Ermittlung der Anzahl der benötigten Arbeitnehmer zu beachten. Der Arbeitgeber könne deshalb in diesen Fällen im Kündigungsschutzprozess nicht geltend machen, materiellrechtlich habe ein Dauermangel vorgelegen. Angesichts der Einführung von Kurzarbeit sei für alle beschäftigten Arbeitnehmer bei Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung kein Beschäftigungsbedarf vorhanden gewesen. Ein darüberhinausgehender Arbeitskräfteüberhang habe schon deshalb denknotwendig nicht bestanden.
Letztlich stelle sich die Situation für die Kammer so dar, dass vom Arbeitgeber angesichts der unabsehbaren Pandemielage und der nicht sicher prognostizierbaren Einschränkungen vorsorglich das Personal reduziert wurde, ohne sicher sagen zu können, wie sich der Beschäftigungsbedarf in Zukunft entwickeln werde. Es handle sich demnach um eine unzulässige Vorratskündigung.
(Urteil des Arbeitsgericht München vom 26.01.2021, 18 Ca 496/20)